Neues zu Etherfields und Trudvang Legends

Etherfields startet stark in seine finalen Tage, bei Trudvang lag ich dagegen mit meiner Prognose völlig daneben. Was beide Kickstarter bieten, was die Backer denken und mehr zu den Projekten findet ihr hier.

Trudvang Legends

Bisher hat die Firma CMON in ihren Kickstarter-Projekten ein großes Publikum begeistert. Insbesondere ihre zahlreichen Miniaturen-Stretchgoals haben das Value der rund 100 Dollar teuren Coreboxen bereichert und den Backern damit immer das Gefühl gegeben, viel für ihr Geld zu bekommen. Am Ende ihrer Kampagnen hatte man meistens einen Wert von weniger als 1 Dollar pro Miniatur.

Trudvang Legends hat anfangs ebenfalls viele begeistert. Nach wenigen Tagen begann die Stimmung jedoch zu kippen. Viele Backer waren noch etwas misstrauisch, da in der vorangegangenen Bloodborne Boardgame KS-Kampagne die Lieferkosten teils dramatisch angezogen wurden – ohne Vorwarnung. Vielleicht lag hierin der Auslöser für die negative Stimmung, doch es kamen viele weitere Problemchen dazu…

Die Probleme

Trudvang verliert quasi seit Tag 4 kontinuierlich Unterstützer. Die Gründe dafür sind vielfältig:

Zu wenig Value

Das Core kostet ohne Early Bird Bonus 100 Dollar und enthält noch weniger Miniaturen als Bloodborne – und das wurde teilweise bereits als zu schlecht gefüllt empfunden, sieht man es ohne KS exklusive Inhalte. Trudvang hat natürlich sein Kampagnenbuch und viele Story-Karten, aber das ist leider nichts, was man direkt sehen kann. Daher wird der Preis oft als zu hoch empfunden, vor allem, da aktuell kaum zusätzliche Inhalte freigeschaltet sind, welche den Backern das Gefühl geben könnten, genug für ihr Geld zu bekommen. Und so haben viele beschlossen, dass es reichen wird, sich das Core im Retail für einen deutlich geringeren Preis und vor allem ohne hohe Portokosten zu holen.

Eigentlich sind es ja die endlosen Stretchgoals, die für das Value sorgen, aber dieses Mal gibt es damit einige Probleme…

Zu große Stretchgoal-Ziele

Angefangen hat es wohl damit, dass die Summen, die für die einzelnen Stretchgoals benötigt wurden, sehr schnell sehr groß wurden. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches, allerdings hat CMON nicht rechtzeitig bzw. angemessen auf die sinkende Anzahl der Backer reagiert. Wenn man „nur“ etwa 3.000 Dollar pro Tag macht, sollte man eben kein 50.000 Dollar Stretchgoal machen, auch wenn es ein imposanter Drache ist. Erst nach einigen Tagen der Stagnation wurde ein weiteres SG eingeschoben, um die Lücke zu schließen und den Backern ein Erfolgsgefühl zu geben.

Fehlende Informationen

Relativ zu Beginn wurden die Lost Stories freigeschaltet, ein KS exklusives Kampagnenbuch. Es wurde allerdings erst sehr viel später erwähnt, dass sämtliche Monster und Helden, die anschließend freigeschaltet wurden, zu diesen Lost Stories gehören, dass man also die ganze Zeit über ein komplettes Addon freigeschaltet hat. Das hat man erst dann zwangsweise offengelegt, als es eben zur Stagnation kam.

Keine Kommunikation

Die Idee, Spielelemente erst nach und nach zu offenbaren, kann zwar für Spannung sorgen, war hier aber definitiv fehl am Platz. Es gab kein Gameplay Video von CMON und es wurden auch keine Promo-Exemplare an Youtuber herausgegeben – manche glauben, aus Angst, dass diese das Spiel kritisieren könnten. Die Unterstützer fordern seit Tag 1 – nein, seit Bloodborne! – Gameplay Videos, aber CMON ignoriert diese Anfrage völlig. Erst sehr spät in der Kampagne wurde jetzt ein kurzes Video gezeigt. Und dann noch ein 36 Sekunden Video von der Gen Con als Gameplay zu betiteln, ist eine ziemliche Frechheit.

Auch an anderer Stelle wurde massiv versäumt, sofort wichtige Informationen herauszugeben: Wie viele Seiten hat das Artbook, sind es bekannte oder völlig neue Arts, sind es nur Arts oder auch Kurzgeschichten? Wie kann man Core und Expansions verknüpfen, stehen sie für sich oder kann man sie mischen? Viele Dinge, die man einfach im jeweiligen Update hätte erwähnen können, die aber erst auf mehrfache Anfrage Tage später beantwortet wurden.

Keine Reaktion

Das größte Problem ist wohl, dass CMON einfach weitermacht, als wäre alles in Ordnung. Jeden Tag gibt es 2 Updates, meist Informationen über Heldenklassen und schöne Kurzgeschichten. Ansonsten herrscht großes Schweigen. Es kommt keine Reaktion auf die sinkenden Unterstützerzahlen, die täglich sinkende Summe an Geld, nichts. Diejenigen, die Trudvang mögen und es unterstützen wollen, flehen seit Tagen CMON an, Stellung zu nehmen. Mit aufmunternden Worten, Einigkeit („We are Trudvang!“) und Vorschlägen, wie man diesen KS oder auch die nächsten KS Kampagnen verbessern könnte, wollen sie helfen, aber es kommt einfach keine Reaktion von CMON. Und das ist vermutlich der größte Schlag ins Gesicht aller Unterstützer, denen das Projekt etwas bedeutet. Und provoziert Kommentare wie diese:

So … you think it’s still appropriate under the current conditions to act like everything was fine? An update like this almost feels like a middle finger to those backers that have stayed in and are eagerly waiting for something to convince them to stay in till the end …

I couldn’t imagine a worse update if I tried. A photo of Eric Lang wiping his arse with $20 dollar bills would’ve been less offensive hahaha at least it’d have been funny

Fast noch schlimmer: Heute, am Tag nach der Gen Con, herrscht komplette Funkstille. Kein Update, keine Regung von CMON. Möglicherweise überlegen sie, wie sie jetzt reagieren können, vielleicht wissen sie aber auch einfach nicht mehr weiter.

Falscher Zeitpunkt

Bis vor Kurzem lief der Middara KS, welcher extrem erfolgreich war und in den viele Leute bereits viel Geld investiert haben. Am 8. endet der Etherfields Kickstarter, der ebenfalls durch enorme Interaktion und Informationsweitergabe sowie ein komplexes Gameplay punktet. Viele Backer haben bereits sehr viel Geld ausgegeben oder sind gerade dabei, sich für einen dieser KS zu entscheiden, um dann im Pledgemanager mitzumachen – übrigens ist auch der Bloodborne Pledgemanager von CMON noch offen, sodass auch dort noch Geld investiert wird, das möglicherweise nicht in Trudvang fließt. Seinen eigenen an zwei große KS anzuschließen musste zwangsweise zu einem Geldproblem führen, denn viele Backer müssen irgendwo Abstriche machen. Außerdem haben Middara und Etherfields neue Erwartungen in Sachen Kommunikation und Interaktion zwischen Hersteller und Unterstützer aufgebaut, die CMON nicht erfüllt. Zudem scheint CMON durch die Gen Con, die dieses Wochenende stattfand, abgelenkt zu sein, da dort viele andere Projekte ebenfalls vorgestellt wurden: Ankh, der Nachfolger zu Blood Rage und Rising Sun, Zombicide 2 und Teburu, CMONs Brettspielkonsole. Alles sehr unglücklich gewählte Umstände.

Eindrücke von der Gen Con

Gegen all diese Negativität und die Probleme stehen nun aber die Reviews, die allmählich von der Gen Con durchsickern. Leute, die Trudvang Legends dort probegespielt haben, berichten von einem sehr schönen, flüssigen Spielverlauf. Manch einer fühlt sich an die alten „Choose your adventure“-Bücher erinnert. Die Spieler loben die tolle Geschichte, die Wahlmöglichkeiten, den hohen Wiederspielwert. Man kann die Gruppe jederzeit aufteilen, um gleichzeitig mehreren Quests nachzugehen, alles wird man trotzdem nicht schaffen. Das Spielprinzip ist einfach und gut verständlich. Man kann seinen Fortschritt jederzeit „speichern“, das Board zusammenklappen und an einem anderen Tag weiterspielen. Besonders RPG-Liebhaber freuen sich über das Spiel. Die Eindrücke sind durchweg positiv und zeigen Trudvang Legends als eine lohnenswerte Investition.

Das Fazit zu Trudvang Legends

Der KS läuft sehr schlecht. Auch haufenweise Addons konnten ihn bisher nicht retten. Bewertet man nur das Value, wirkt das Spiel im Augenblick vermutlich noch ein wenig teuer, ist aber an der Grenze dahin, lohnenswert zu sein. Das Gameplay ist genau das, was man von CMON zu erwarten hat: Einfach. Für manche ist es vielleicht zu simpel, für andere gerade richtig, da man es schnell lernt und keinen großen Aufwand betreiben muss, um zu spielen. Hier muss also jeder selbst entscheiden, ob ihm das Spiel liegt oder nicht.

Das Problem liegt beim Hersteller und den Erwartungen der KS Backer. Viele sehr unterschiedliche Faktoren haben zu einer massiven Stimmung unter den Unterstützern geführt und aktuell ist unklar, ob sich die Kampagne davon erholen kann. Die Frage für jeden Interessierten ist nun also, ob er mitmacht, weil ihm das Spiel so gut gefällt und er über CMONs Verhalten als Firma hinwegsehen kann oder ob er dem fernbleibt, um möglicherweise ein Exempel zu statuieren.

Ich denke, alle Interessierten sollten den KS auf jeden Fall weiterhin im Auge behalten, denn noch ist nicht alles verloren. Man bekommt – sollte die Kampagne so enden, wie sie jetzt ist – immerhin das Core und ein kostenloses Addon: Die Lost Stories mit neuen Monstern, Geschichten und Helden.

Etherfields

Der neuste KS von Awaken Realms läuft ziemlich gut. Jetzt, da es auf die letzten 48 Stunden zugeht, ist fast alles gezeigt und All In Pledges sind verfügbar. Für 75 Pfund (die 22 Kreaturen werden mit Tokens dargestellt) bzw. 117 Pfund (Miniaturen für Kreaturen) erhält man aktuell das Core und zwei kostenlose Kampagnen, für 178 Pfund (Gameplay All-In) kommen 2 weitere Spiel-Expansions und die 5-Spieler Expansion dazu. Wer wirklich alles haben will, ist mit 336 Pfund (All-In) dabei. Nebenbei wird der Riddler, ein sogenannter Companion, über verschiedene Rätsel als Extra-SG freigeschaltet. In den kommenden Tagen werden noch die neue Form des Spielercharakters „Reaper“ enthüllt und das Design des letzten Monsters aus der Kreaturenbox vorgestellt.

Kritikpunkte

Zu einfach und simpel

Obwohl AR alle Bedenken ihrer Unterstützer aufgreift und in Updates darüber schreibt, gibt es auch in diesem KS ein paar Kritikpunkte. Die Demo-Videos, die bisher von verschiedenen Youtubern veröffentlicht wurden, zeigen ein eher simples Gameplay mit wenig Tiefe und Variationen. AR betont jedoch auch hier immer wieder, dass man nur sehr, sehr wenige der im Spiel befindlichen Mechaniken gezeigt hat, um nicht zu viel zu verraten.

Übersetzung

Grund zur Sorge gibt es außerdem zur Übersetzungsarbeit von AR. Da die Entwickler keine englischen Muttersprachler sind und das Spiel sehr textlastig ist, fürchten viele Backer um die Qualität der Übersetzungen. Vor allem bei den ersten Spielen des Herstellers soll es diesbezüglich Probleme gegeben haben. Daher hat AR den Link zur Übersetzung ihres letzten Regelbuchs, Tainted Grail, eingestellt, wodurch sich jeder ein eigenes Bild von den aktuellen Leistungen in diesem Bereich machen kann.

Votings

Negative Stimmen haben sich außerdem aufgrund der Votings erhoben: Für mehrere Kreaturen und die verbesserte Formen der Spielerfiguren wurden teilweise Designvorschläge von den Backern gesammelt und dann in Skizzen umgesetzt. Aus diesen meist 4 Skizzen durften die Backer dann wählen und der Gewinner schaffte es ins Spiel. Diejenigen, deren Design nicht gewählt wurde, fühlten sich ungerecht behandelt. Ich denke, dass dahinter einfach ein psychologischer Effekt steht – hätte AR einfach ein einziges Design ohne Wahlmöglichkeiten vorgegeben, wäre vermutlich keine missmutige Stimmung aufgekommen, da die Backer erst gar keine Hoffnungen auf eine Alternative entwickelt hätten.

Uninspirierte Kreaturendesigns

Außerdem kamen Vorwürfe auf, dass die Kreativität dieser Designs nicht der entspräche, welche zu Anfang des KS präsentiert wurden. Dazu muss sich ebenfalls jeder selber ein Bild machen, aber ich denke, es ist nur normal, dass nicht jede Miniatur wie die episch schönen Endgegner aus den Kampagnen aussehen können. Und sämtliche Designs waren bisher angemessen, es wurde nur eben manchmal etwas gewählt, was bekannter ist, statt etwas Ungewöhnlicheres zu nehmen.

Das Fazit zu Etherfields

Etherfields eignet sich für lange Kampagnen, nicht für kurzweilige Unterhaltung wie die CMON Spiele. Die Entwickler haben viele Einblicke in Problemzonen wie den Wiederspielwert und die Interaktion des Cores mit den Kampagnen gegeben. Wer also mehr wissen möchte, kann alles Wissenswerte in den Updates nachlesen. Vermutlich wird das Gameplay nicht überragend innovativ und der Schwierigkeitsgrad wirkt sehr gering, aber es ist eine interessante Kombination aus verschiedenen Elementen, die neugierig macht. Es ist nun alles gezeigt und offenbart, man kann also direkt einsteigen und muss auf keine Addon-Reveals mehr warten. Wenn es gut läuft, gibt es am Ende sogar noch ein oder zwei Überraschungs-SGs. Einen Blick ist es definitiv wert und wer mehr zum Gameplay wissen möchte, kann aus einigen Youtube-Videos wählen. Keine Angst, die Demo ist größtenteils spoilerfrei gehalten, AR wird die dort gezeigten Szenen entweder nicht verwenden oder abändern.

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